Färben? Fehlanzeige!

Februar 13, 2020 Off By BlauerEngel

Wahrscheinlich hat es jede/r schon mitbekommen: Am 24. Februar ist Rosenmontag! Und die Fasnachts-Saison hat schon längst begonnen. Natürlich wird auch im Vogelsberg recht närrisch gefeiert, und speziell Frischborn scheint auch eine der Hochburgen zu sein – zumindest für jemanden, der eigentlich keine Ahnung hat! Auf jeden Fall findet am kommenden Samstag die Große Fremdensitzung der Karnevals-Abteilung des Frischbörner Turnvereins statt. Motto in diesem Jahr: „Karneval im Wüstensand, Frischborn reist durch das Morgenland“

Vor zwei Wochen kam dann die Anfrage, ob ich den Zeitungsartikel dazu schreiben könnte. Da wir letztes Jahr die Fremdensitzung verpasst hatten und in diesem Jahr Klaus just am nächsten Wochenende in Tirol ist, um den Herbsteiner Springerzug an einem Umzug musikalisch zu begleiten, dachte ich: „Klar, warum nicht? Besser als am Samstagabend alleine vor der Glotze zu hocken. Und lustig wird’s bestimmt, nach allem, was ich schon so gehört habe!“ Und da mir eine Verkleidung als Pressefrau zu doof war, habe ich mir ein rotes, kaftanähnliches Kleid gekauft und in meinem alten Bauchtanz-Equipment nach ein bisschen Krimskrams dazu gesucht. Kostüm komplett!

Wie und warum ich dann auf den Gedanken gekommen bin, mir auch noch die Haare mit Henna zu färben, kann ich heute nicht mehr sagen. Auf jeden Fall erschien es mir als eine tolle Idee, meine silbernen Strähnen mit einem kräftigen Orange-Rot ein wenig aufzupeppen. Beim Einkaufen im tegut gestern bin ich dann auch tatsächlich fündig geworden – reines Bio-Henna-Pulver! Als ich vor sieben oder acht Jahren das letzte Mal nach so was gesucht habe, musste ich noch diverse Bioläden dafür abklappern. Aber anscheinend schmiert sich nicht mehr jede Frau gerne buntfärbende Chemie in die Haare.

Heute Morgen musste Klaus dann nach Frankfurt. DIE Gelegenheit, dachte ich, das mit dem Haarefärben durchzuziehen. Das gibt dann wenigstens keine wie auch immer gearteten Kommentare und ungewollten Gespenster-Fotos… Ich bin dann mit dem kompletten Geraffel, von dem ich dachte, dass ich es brauchen würde, nach oben ins Bad gegangen: Henna-Pulver-Packung (logisch), Schüssel mit einem Esslöffel Apfelessig drin (laut Verpackung färbt das Henna dann besser), Löffel (um den Henna-Brei anzurühren), Frischhaltefolie (damit der Henna-Brei während der Einwirkzeit nicht runtertropft) und einem altem Handtuch (um die Wärme länger zu halten, das soll das Färbeergebnis ebenfalls verbessern).

Oben im Bad hab‘ ich dann erst einmal die Anleitung studiert. Die Verpackung sagt, dass man das Henna-Pulver mit so viel heißem Wasser mischen soll, dass ein dicker Brei entsteht. Das Wasser soll dabei so heiß sein, wie man es erträgt, denn auch die Wärme soll die Farbintensität verbessern. Kein Problem, dachte ich, ich nehme das Wasser so heiß aus dem Wasserhahn, wie es kommt. Bis ich den Henna-Brei dann ins Haar schmiere, ist es sowieso wieder etwas abgekühlt. Danach habe ich dann alle benötigten Utensilien in Griffnähe bereit gelegt. Wer will schon mit tropfnassen oder gar breiigen Haaren noch durch’s Bad laufen?

Dann hab‘ ich die Haare gewaschen, damit ein eventuell vorhandener Fettfilm das Färbeergebnis nicht verfälscht. Außerdem müssen die Haare eh nass sein, bevor man den Henna-Brei aufträgt – steht so in der Anleitung. Da steht auch, dass man zum Schutz der Haut vor Verfärbung mit einer Fettcreme einen Streifen Watte um den Haaransatz kleben soll. Das hatte ich früher mal versucht, war aber ein Reinfall, weil die Watte irgendwann abfiel und ich danach sowohl ihren Landeplatz als auch trotzdem meine Haut vom orangefarbenen Glanz befreien musste. Lieber wollte ich – sollte ja eh nur für die Fasnacht sein – den Henna-Brei nicht ganz bis zum Haaransatz schmieren. Nach ein paar Mal Waschen ist die Farbe ja sowieso raus…

Gedacht – getan. Mit den beiliegenden Handschuhen über den Händen und dem unweigerlichen Gefühl, keine echte Kontrolle mehr über meine Gestik zu haben, habe ich dann angefangen, den dicken Henna-Brei im Haar zu verteilen. Gar nicht so einfach, wenn man das Gefühl hat, dass die eigenen Finger mit ihrem Plastik-Überzug weder die Haare noch den Brei richtig handhaben können…

Als dann der erste dicke Breibrocken aus den Haaren über mein linkes Ohr rutschte, auf meinen Hals tropfte und schließlich mit einem dumpfen „Pflopp“ im Waschbecken landete, versuchte ich noch verzweifelt, mit beiden Händen die Haar-Brei-Pracht wieder nach oben zu schmieren, um sie dort mit leicht kreisenden Bewegungen zu einer haltbaren Masse zu formen. Fehlversuch – ich hatte den Kopf zu weit angehoben! Der nächste Breibrocken landete direkt auf meiner Brust. Glücklicherweise hatte ich mich an frühere ähnliche Begebenheiten mit nachfolgenden vergeblichen Wäschewaschorgien erinnert und vorsorglich alle Textilien von mir und aus der näheren Umgebung entfernt.

Weitere Versuche, mit fast gefühllosen, plastiküberzogenen Fingern das ganze Gemisch zu sortieren und so zu ordnen, dass wenigstens eine fest gewickelte Schicht aus Frischhaltefolie alles für die zwei bis drei angeratenen Stunden Einwirkzeit im Zaum halten könnte, schlugen ebenfalls fehl. Immerhin rann nun der grüne Henna-Brei nur noch in die Handschuhe, nicht mehr weiter bergab. Nach einem letzten verzweifelten Blick auf mein grün verklebtes Haar im Spiegel und die grünen Brocken auf meiner Haut und im Waschbecken war es dann so weit: Ich ließ die Hoffnung auf orange-rote Highlights in meiner Haarpracht fahren und pellte vorsichtig die Handschuhe ab. Dann spülte ich mit tief gesenktem Kopf – immerhin hielt der Henna-Brei jetzt einigermaßen in den Haaren – die Schüssel und den Löffel ab, um sie aus der Tropflinie zu bringen. Handschuhe hinterher und dann ging es ans Auswaschen der Haare.

Jedes Mal wenn ich, den Kopf unter’m Wasserhahn, die Augen öffnete, schien der grünliche See unter mir im Waschbecken tiefer und dunkler zu werden. Man sollte nicht meinen, wieviel Henna-Brei in rückenlange dünne Haare passt… Keine Ahnung, wie lange ich mit gesenktem Kopf unter dem Wasserhahn hing, immer wieder meine Haare aus dem Abfluss zog, damit das Wasser wieder ablaufen konnte, und mir zum ich-weiß-nicht-wievielten Mal schwor, dass das nun wirklich mein allerletztes Färbe-Abenteuer gewesen sei. Als das Wasser dann endlich klar blieb, wickelte ich mir das alte Handtuch ganz fest um den Kopf, betrachtete die Sauerei, die ich trotz aller Vorsichtsmaßnahmen im und um das Waschbecken angerichtet hatte, und begann seufzend, alles wieder sauber zu machen.

Am Samstagabend werde ich nun stolz mein silberdurchwirktes Haar zu meinem roten Kleid tragen und im Stillen alle Frauen bedauern, die mit sichtbar gefärbten Haaren zur Fremdensitzung kommen!