Wiederauferstanden

Januar 17, 2021 Off By BlauerEngel

Am 10. Dezember 2018 fand offiziell unser Umzug von Niederhöchstadt nach Frischborn statt. Die Katzen und das Nötigste des täglichen Bedarfs hatten wir zwar schon zwei Tage vorher mit einem gemieteten kleinen Transporter in den Vogelsberg gefahren, aber an jenem Montag stand das Umzugsunternehmen in der Kronberger Straße und der „Rest“ unseres Hausstands wurde von den Jungs verpackt, eingeladen und dann montags und dienstags hergebracht. Mehr als zwei Jahre lang standen dann noch mehr als dreißig Umzugskartons in der alten Mühle und wurden mehrfach von einem Zimmer ins andere geräumt. Ab und an wurde auch mal einer leer gemacht oder zwei zusammengeräumt, bis dann im vergangenen Dezember endlich Schluß war mit dem Leben aus dem Karton: Endspurt!

Was ich in diesem Blogbeitrag nicht erwähnt hatte, war der Inhalt des Kartons Nummer 116. In dem fanden sich neben einer Menge Geschirr auch zwei besonders gut gepolsterte Tüten… „Muss ja was ganz Spezielles sein, was die Umzugs-Jungs neben dem üblichen Einwickelpapier für Glas und Geschirr auch noch in Tüten gesteckt haben“ war mein erster Gedanke. „Muss was Flüssiges sein, wozu braucht man sonst eine Plastiktüte drum herum? Aber den ganzen Schnaps und den Whisky haben wir doch in Getränkekisten transportiert…!?“ Großes mentales Fragezeichen… Und dann die Überraschung: In den Tüten fanden sich die beiden Blumentöpfe mit den Amarylliszwiebeln, die es Anfang Dezember 2018 in Niederhöchstadt noch nicht geschafft hatten, Blütenstiele zu treiben!

„Au weia, ihr armen Schätzchen, mehr als zwei Jahre kühl und dunkel im Umzugskarton! Wie konnte ich euch nur vergessen?“ Alle anderen Zimmerpflanzen waren unverpackt entweder samstags mit dem Transporter oder zwei Tage später mit dem Umzugswagen angekommen… Aber die beiden „unterentwickelten“ Amaryllis waren tatsächlich in der ganzen Aufregung total in Vergessenheit geraten. Kaum noch Erde in den Töpfen, die Zwiebeln schrumpelig und übersät mit pergamentartig eingetrockneten, schuppenartigen Blattresten und damit außerordentlich geeignet, das schlechte Gärtnerinnengewissen in einer Zehntelsekunde von Null auf Hundert zu treiben, standen sie dann vor mir. „Ob da noch was zu retten ist?“

Die sofort eingeleiteten Wiederbelebungsmaßnahmen bestanden in einem nicht zu warmen Platz am Westfenster und einem sehr kräftigen Schluck abgestandenen Wassers. Und nach zwei Wochen und weiteren geringen Wassergaben geschah das Unglaubliche: Weiße Blattspitzen zeigten sich am Kopf der Zwiebeln! Grün konnten die austreibenden Blättchen noch gar nicht sein, denn in der Dunkelheit des Umzugskartons wurde vermutlich das Chlorophyll, der grüne Blattfarbstoff, in den Zwiebeln abgebaut.

Und jetzt, vier Wochen nach der Wiederentdeckung der beiden Blumentöpfe:

Die größere der beiden Amarylliszwiebeln (hinten im Bild) treibt fünf inzwischen grüne Blätter, die kleinere scheint sich nicht mehr zu erholen, dafür aber ihre beiden Tochterzwiebeln, die sie in Niederhöchstadt schon 2016 und 2017 gebildet hatte! Die eine Tochterzwiebel treibt ebenfalls schon ordentlich durch, aber die Blätter der anderen sind noch klein und immer noch nicht ganz grün, aber das wird sicher noch! Sie bekommen ja jetzt endlich wieder Licht, Wasser und Nährstoffe und haben jede Menge Zeit. Und im Herbst bekommen sie auch noch neue Erde!