Kahlschlag

November 22, 2020 Off By k84376

Unser Hof ist kaum wiederzuerkennen. Gestern war ein professionelles Baumfällteam mit einem halben „Harvester„, also einem Kranarm mit Fällkopf auf einem riesigen Containerwagen, und zwei Motorsägen da, um kranke und an der falschen Stelle zu hoch wachsende Bäume zu fällen.

Als erste ist die Blaufichte, die vom Haus aus gesehen an der linken hinteren Ecke des Hofs stand, „abgetragen“ worden. Um möglichst wenig von den umstehenden Bäumen in Mitleidenschaft zu ziehen, haben die drei Profis den Baum von oben nach unten in Stücken abgesägt. Die Blaufichte war innen schon komplett kahl und schmückte sich nur noch mit ein- bis dreijährigen Nadeln. Alle anderen waren schon der Trockenheit zum Opfer gefallen. Immerhin wird ihre Spitze nun als verfrühter Weihnachtsbaum noch unsere Terrasse schmücken. Und die unteren vier Meter vom Stamm haben wir für die Käfer, die Buntspechte und Kleiber stehen lassen.

Gerade geht die Sonne auf und die Baumfäller sind schon da.
Die ersten Äste der Blaufichte sind schon abgesägt, damit der Fällkopf an den Stamm reichen kann.
Nur noch der Fichtenstamm bleibt stehen.

Ähnlich erging es den fünf oder sechs Fichten rechts vom hölzernen Schuppen. Komplett verkahlt im Inneren wurden auch sie vom Harvester in Teilen aus der Baumgruppe dort genommen. Es ist wirklich beeindruckend, jemandem zuzuschauen, der oder die mit ein paar Hebeln einen riesigen Fällkopf mit Greifzangen und klappbarem Motorsägenblatt zielgenau um den Stamm eines Baums legt und mit wenigen Schnitten innerhalb von fünf Minuten eine Lichtlücke in ein Dickicht von Bäumen reißt. Den letzten Schnitt ganz unten legt dann meistens der dritte Mann an, während der Stamm vom Fällkopf in Position gehalten wird.

Eine nach der anderen werden die Fichten aus der hinteren Ecke „gepflückt“.
Der letzte Schnitt über dem Boden wird meistens mit der Motorsäge gemacht.
Mit Fingerspitzengefühl werden die Stammteile abgelegt und am Boden fertig entastet.
Unglaublich, wie hell die vorher sehr dunkle Ecke geworden ist.
Viel Platz für die Hühner, die irgendwann im hölzernen Schuppen einziehen sollen.

Weh um’s Herz wurde mir allerdings bei der großen, mehrstämmigen Traubenkirsche neben dem Wohnwagen. Von ihr war im letzten April ein großer Ast auf die Blechgarage gebrochen, den Klaus in mühevoller Arbeit absägen musste. Eigentlich sollten nur zwei der vier Stämme, die schon bedenkliche Schräglage in Richtung Haus hatten, abgesägt werden. Aber beide Stämme waren schon fast bis ganz nach unten durchgefault und so haben wir entschieden, auch die beiden anderen Stämme fällen zu lassen. Eine gute Entscheidung, wie wir dann gesehen haben, denn dass der Ast im April gebrochen war, lag ebenfalls an der Fäulnis im Stamm. Mal sehen, ob die Wurzel es schafft, wieder auszutreiben, sonst wird im übernächsten Jahr eine neue Traubenkirsche gepflanzt!

Der im April gesplitterte und abgebrochene Ast der Traubenkirsche hatte uns ziemlich erschreckt.
Eigentlich sollen nur die beiden vorderen Stämme abgesägt werden.
Aber beim Sägen wird klar, dass auch die beiden anderen nicht stehen bleiben können.
Keine Gefahr mehr für den Wohnwagen und die Blechgarage

Nicht einfach war auch die Entscheidung, die beiden Kirschbäume am unteren Hang vor dem neuen Haus fällen zu lassen. Aber beide standen zu dicht am Haus für ihre Höhe. Darunter leidet die Fassade und das Wurzelwerk, das meist noch einen weitaus größeren Durchmesser hat als die Krone, könnte sogar dem Keller irgendwann gefährlich werden. Bei der letzten Inspektion des Gastanks, der sich direkt unter den beiden Kirschbäumen befindet, monierte der Inspekteur auch den mangelhaften Schutz der Gasarmaturen gegen herabfallende Äste. Außerdem beschattete die größere der beiden Kirschen die Photovoltaikanlage im Winter, was zu einer geringeren Stromausbeute geführt hat. Also mussten beide weichen, wobei vom oberen Kirschbaum der Stamm stehen bleiben durfte, als Sitz- und Essplatz für die Vögel. Im gleichen Zuge entfernten die Baumfäller auch noch diverse Koniferen im Hang, von denen ich keine besonders große Freundin bin. Jetzt ist der Hang bereit für die „Aufforstung“ mit heimischen Blüh- und Fruchtsträuchern, damit unsere Insekten und Vögel (und vielleicht auch wir, wenn wir schnell genug sind) etwas vom Kahlschlag haben.

Die beiden Kirschbäume stellen auch eine Gefahr für den Gastank dar.
Hier ist besonders viel Fingerspitzengefühl beim Fällen gefordert. Weder Haus noch Gastank dürfen beschädigt werden.
Geschafft.
Die Kirschblüten werden uns im Frühling fehlen…

Ein ziemlich schlimmer Moment war auch das Entfernen eines riesigen Aststumpfs der Trauerweide am Teich mit der Fontaine. In der Schnittfläche des Astes hatte sich in den letzten Jahren schon ein riesiges Loch gebildet, aus dem Klaus schon einmal Hände voll Mulm herausgegschaufelt hatte. Wir hatten deswegen und weil unten am Stamm aus einem Loch Wasser austritt, schon befürchtet, dass das Innere der Trauerweide bereits hohl und der Baum deswegen nicht mehr zu retten ist. Und wir hatten recht – der Aststumpf bestand nur noch aus zwei oder drei Zentimetern Holz außen und Holzspänen im Innern. Und auch in den Stamm hinein zieht sich diese instabile Späneschicht. Klaus hat dann heute den Schnitt mit Folie abgedichtet, um zu verhindern, dass weiteres Wasser den Auflösungsvorgang beschleunigt. Aber irgendwann in den nächsten Jahren werden wir uns von der Trauerweide verabschieden müssen.

Der Aststumpf besteht nur noch aus einer dünnen Holzhülle, an der, typisch für Weiden, trotzdem noch kleinere Äste gewachsen sind.

Dann war der Containerwagen auch schon fast voll. Nur der Weidenast, der seit fast zwei Jahren nun in der Lauter, vor der Brücke, gelegen hatte, hat noch drauf gepasst. Da musste ja dann auch nichts mehr gefällt, sondern „nur“ zersägt und aus der Lauter gefischt werden.

Wieder freie „Fahrt“ für die Lauter
Ein proppevoller Containerwagen und ein eingespieltes Baumfällteam

Und als Klaus und ich von der Brücke zurück zum Haus gegangen sind, wurde uns erst mal so richtig bewusst, um wieviel größer der Hof jetzt aussieht und wieviel mehr Licht wir im Winter im Haus haben werden. Auch an Brennholz sind wir definitv sehr viel reicher geworden.

Da ist (schon wieder) was zu tun…

Und ein paar verfrühte Barbarazweige vom Kirschbaum stehen jetzt im Esszimmer…